Mittwoch, 7. Oktober 2015

Warum Shopping Horror ist

Es ist Glamour Shopping Week und die lockenden Rabatte reichen als Anstoß, sich mal wieder aufzuraffen, um shoppen zu gehen. Dass das Lieblingsshirt ausgeleiert aussieht und meine schwarze Hose nach Jahren des Tragens eher ausgewaschen-grünlich als schwarz wirkt, weiß ich schon lange, doch freiwillig gehe ich doch nicht shoppen. Denn ich hasse Shoppen - und zwar abgrundtief!

Das liegt nicht unbedingt daran, dass ich es nicht mag, schöne neue Dinge zu haben und dieses Gefühl zu genießen, sich mit dem neuen Stück einmal im Jahr stylisch gekleidet zu fühlen. Da geht es mir wie wahrscheinlich fast jedem anderen, dass ich dieses Gefühl mag. Doch um an diesen Punkt zu kommen, muss man erst mal den grausamen Prozess des Einkaufens erfolgreich hinter sich bringen.

Jedes mal fühle ich mich neben top durchgestylten, modisch frisierten und gelegentlich überschminkten Verkäuferinnen wie der letzte Dorftrottel. Ich in meinem bequemen Shirt, das ich vor Jahren gekauft habe und so ganz ohne Accessories. Im Alltag stört mich das nicht im geringsten, doch im direkten Vergleich mit den modischen Verkäufern und vielen anderen Kunden fühle ich mich unwohl. Als würde ich so gar nicht an den Ort namens Shoppingcenter gehören. Resultat: ich möchte möglichst schnell wieder raus dort.
Mir ist es regelrecht peinlich, zwischen den Auslagen umher zu laufen ohne mich vorher ein bisschen hübsch gemacht zu haben. Das ist eigentlich unglaublich oberflächlich und albern - das ist mir sehr bewusst - doch dieses Unwohlsein wegen meines Aussehens lässt sich während des Einkaufs schwer verdrängen.
Als ob sich irgendwer darum kümmern würde, wie die Kunden aussehen. Wahrscheinlich ist ihnen das total egal, solange man bloß was kauft und freundlich ist, aber es wäre zu vernünftig, diese Einsicht in seinem Verhalten umzusetzen und sich zu entspannen.

Zu dem Fremdkörpergefühl in der Welt des Shoppings kommt so eine überwältigende Überforderung. Mode-Center, eine Etage voller Kleidung, Schuhe, Unterwäsche und weiß der Geier was. Und ich dachte vorher noch, so viel Auswahl zu haben, wäre gut.
Ich wusste nicht, wo ich anfangen soll mit dem Suchen. Was suche ich überhaupt? Eine schwarze Hose - warum gibt es nur zerrissene, bestickte und mit Nieten zugepflasterte schwarze Hosen? Das kann doch nicht so schwer sein. Oh - welche Größe brauche ich hier eigentlich, wenn ich nicht einfach eine 42 und die Langgröße kaufen kann?
Die unglaublich freundliche Verkäuferin hilft, sucht neutral gestaltete schwarze Hosen. Keine passt. Alle zu kurz, einige zu eng, Stoff zu dünn und legginsartig. Ich weiß schon, warum ich sonst immer die gleichen Hosenmodelle in verschiedenen Farben kaufe.

Am Ende gehe ich wie immer mit der gleichen Art Einkauf nach Hause insofern ich etwas finde. Bequeme, unauffällige und bezahlbare Mode ist es, was ich kaufe. Und dann bin ich ein wenig frustriert, weil ich nicht einmal etwas ausgefalleneres für besondere Anlässe mitgenommen habe.
Ich mag es, Socken und Unterhosen zu kaufen. Die passen wenigstens immer und sind modisch eher unwichtig, was heißt, dass man wenig falsch machen kann. Sie müssen nur bequem sein.

Beim Shoppen muss ich daran denken, wie sehr ich Krankenhauskleidung liebe. Man muss sich absolut keine Gedanken machen, was man am nächsten Tag auf Arbeit trägt, denn das ist vorgeschrieben. Noch dazu sind Hose, Kasack und Kittel super weich und bequem mit vielen praktischen Taschen. Als würde man heimlich seine Wochenend-Wohlfühlkleidung auf Arbeit tragen, nur mit dem Unterschied, dass es tatsächlich offiziell vorgeschrieben ist. Traumhafte Zustände.
Manchmal wünsche ich mir auch, dass es so ein Outfit für den Alltag gäbe, so ein festgelegtes. Vielleicht nicht unbedingt in fleckenanfälligem Weiß. Man muss ja die Bevölkerung nicht dazu verpflichten, es zu tragen, doch es würde einige Dinge einfacher machen. Zum Beispiel den Fakt, dass ich von Mode keine Ahnung habe.

Eigentlich soll so ein Einkauf einem ein gutes Gefühl vermitteln, damit man brav mehr kauft, doch bei mir löst es nur ein Gefühl der Hilflosigkeit aus. Zu viel Angebot, keine Ahnung, was ich nun kaufen soll. Noch dazu dieser Eindruck, dass man auffällt, weil man sich so wenig gekonnt kleidet und deshalb vielleicht sogar nicht ernst genommen wird. Kleidungskauf ist bei mir mit negativen Empfindungen assoziiert, es zeigt mir die ganze Zeit, was ich nicht gut kann.
Wäre ich Protagonist eines Horrorfilms, würde man mich in ein gigantisches Einkaufscentrum locken, aus dem nicht heraus komme, in einer Endlosschleife Kleidung anprobieren müsste und von anderen verspottet werde.
Online Shopping hilft da ein wenig, doch am Ende bin ich auch von der Auswahl überwältigt und ahnungslos, welche Größe ich bestellen sollte, wenn ich das Stück denn nicht direkt anprobieren kann.

Am Ende des Einkaufs stand ich mit einer schwarzen Hose in dem Geschäft, wo ich immer meine Hosen kaufe, an der Kasse und mental kurz vorm Nervenzusammenbruch. Na ja, fast.
Und ich weiß auch, dass ich bald wieder vorm Kleiderschrank stehen werde und denke, dass ich nichts zum Anziehen habe. Doch immerhin bin ich raus aus dem Einkaufscenter und werde auch nicht so bald wieder freiwillig da rein gehen.

1 Kommentar:

  1. Mathilde Kahl ist so ne schwedische Frau, die drei Jahre lang mit den gleichen Klamotten zur Arbeit ankam. Nicht dieselben Klamotten wohlgemerkt, aber sie hatte ihm Kleiderschrank einfach die gleichen Sachen in mehrfacher Ausführung. Hat sich also quasi selber eine Uniform für die Arbeit überlegt. Auch gut, wenn man morgen nicht weiß, was man anziehen soll.

    Ich kaufe aber gern Neues ein, habe also kein Problem mit dem Einkaufen. Aber am liebsten allein und dann auch nicht so lang...

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