Sonntag, 29. März 2015

The Grand Budapest Trip

Ja, ich lebe noch. Es sind Semesterferien, ich bin gerade wieder jeden Tag im Krankenhaus und mache eine Famulatur. Früh aufstehen, spät nachmittags zurück - es bleibt nicht viel vom Tag und auch nicht viel Motivation zu bloggen. Dabei habe ich doch gleich zum Anfang der Semesterferien eine erlebnisreiche Reise nach Budapest gemacht, über die ich hier berichten möchte.

Die Anreise erfolgte mit dem Flugzeug, da es so sowohl schneller als auch günstiger war als mit der Bahn zu fahren. Bei einer Entscheidung zwischen zwölf Stunden Zugfahrt und anderthalb Stunden Flug für drei Fünftel des Preises war die Wahl schnell getroffen.
Was die Übernachtungen angeht, ist Budapest wie so viele osteuropäische Städte sehr günstig. Der Wechselkurs von Euro in ungarische Forint war zusätzlich auch günstig.
Da ein Euro momentan ungefähr 303 ungarischen Forint entspricht, wird durch die ungewohnt hohen Zahlen die Handhabung des Gelds am Anfang ein bisschen verwirrend. Mein Tipp dafür: vor der Reise eine Umrechnungstabelle im Internet suchen und drucken, damit man sie unterwegs immer zur Hand hat und zumindest ungefähr abschätzen kann, wie viele Euro diese scheinbaren Unsummen von Forint denn nun eigentlich sind. Ich wünschte, mir hätte jemand den Tipp vorher gegeben und mir damit viel Verwirrung und das unnötig lange Blockieren des Geldautomaten erspart.

Und nun kommen wir zu meinen eigentlichen Tipps in Sachen Reisen nach Budapest.

1. Zeit zum Erkunden nehmen
Das ist ein genereller Tipp von mir, was Reisen angeht: einfach mal am Anfang des Urlaubs sich Zeit nehmen, ohne ein konkretes Zeil umher zu laufen, sich treiben zu lassen und zu entdecken. Man sieht Ecken, an die man sonst nicht gekommen wäre und bekommt die Atmosphäre der Stadt zu spüren statt nur zu sehen, was der Reiseführer empfiehlt.
Budapest ist durch die Donau zweigeteilt in Buda und Pest. Von der hügligeren Buda Seite hat man einen schönen Überblick über die Donau mit all den abends schön beleuchteten Brücken und die Straßenzüge der Pest Seite. Genau wie Prag merkt man auch Budapest diesen typischen osteuropäische Charme an. Prächtige Bauten aus vergangenen Zeiten, die langsam verfallen und geschichtsträchtig sind, was den Touristen erfreut. Synagogen, große Kirchen, ein bisschen klapprige alte sowie neuere Straßenbahnen aber auch kleine Gassen und weniger herausgeputzte Ecken, an denen man sich nicht immer sofort wohl fühlt. Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit mit Prag: möchte man mit der U-Bahn fahren, muss man erst die steilen Rolltreppen des Todes herunter, die verglichen mit dem, was wir aus Deutschland kennen, wirklich unglaublich steil und beängstigend sind.

Ein Blick auf die Donau, das Kunstschloss im Millenium Park, verfallende Pracht

Beleuchtete Brücken bei Nacht, der Heldenplatz, das Budapester Schloss und eine random Fassade
Und noch ein Tipp: wenn man einen Laden mit besonders schönen gebrauchten Büchern, Postkarten, Vasen oder was auch immer sieht sollte man das Objekt der Begierde direkt kaufen, wenn man es unbedingt haben will. Andernfalls ist nämlich nicht sicher, dass man mit so einem eingeschränkten Orientierungssinn wie zum Beispiel meinem und ohne mobiles Internet (und damit auch ohne Google Maps) je wieder den Laden findet.

2. Das Essen
Auch wenn man aus sprachlichen Gründen nicht immer gleich versteht, was genau dieses Gericht sein soll, kann man (als Omnivore ohne Allergien) einfach mal probieren, was es so an landestypischen Speisen gibt. Langos, gefüllte Paprika, Dobos Torte, Apfelstrudel oder traditionelle jüdische Kuchen mit Schichten aus Marzipan, Pflaumenmus und Biskuit - nicht immer wusste ich, was genau ich da bestellt habe und trotzdem wurde ich nicht enttäuscht. Obwohl: ich war überrascht, dass alles viel weniger scharf gewürzt war, als ich erwartet hätte. Ich probiere auf Reisen sehr gerne einfach landestypische Gerichte aus, denn über die traditionelle Küche lernt man auch sehr viel über die Kultur eines Landes.

Dobos Torte, Apfelstrudel, Ziegenkäse in Zucchinihülle…

Langos, gefüllte Paprika und gebackener Käse…*speichel*

3. Aquincum
Ich muss ja zugeben, dass ich sehr auf römische Ruinen stehe. Der Lateinunterricht hat einfach seine Spuren bei mir hinterlassen. 
Aquincum ist eine alte römische Stadt im Nordwesten Budapests, die einst ein militärischer Stützpunkt der Römer war, der die dort entlang der Donau verlaufende Grenze des Römischen Reiches nach Osten sichern sollte. Es gibt zwei Amphitheater zu besichtigen sowie eine Ruinenstadt in deren Nähe sich das dazugehörige Museum befindet.
Im Museum selbst gibt es viele schön aufbereitete Kleinigkeiten aus dem römischen Alltag zu sehen: Mosaike, Keramikgefäße, Waffen, Öllampen, sogar eine hydraulische Orgel, die man so rekonstruiert hatte, dass man den Ton nachempfinden konnte. Leider wurde das nicht als Tonaufzeichnung für die Besucher zugänglich gemacht. 
Bei gutem Wetter kann man sich ab April auch die Reste der römischen Gebäude im Freien ansehen, doch wir waren zu früh im Jahr und das auch noch bei Regen dort, um diese Möglichkeit wahrnehmen zu können. 
Für Studenten lag der Eintrittspreis bei 500 Forint, was nicht mal 2 Euro entspricht. Der volle Preis liegt mit 1600 Forint knapp über 5 Euro, was auch zu verkraften ist. Falls ihr euch für die römische Antike interessiert ist es ein sehr interessantes Ausflugsziel. 
Das Hauptgebäude, die römischen Gebäudereste und die rekonstruierte hydraulische Orgel

4. Sankt Stephans Basilika
Auf Reisen gehe ich gerne in die örtlichen Gotteshäuser. Nicht unbedingt, weil ich gläubig bin, sondern viel mehr, weil ich die kunstvollen Bauwerke und deren Geschichte spannend finde. Außerdem ist der Eintritt meistens auch frei und die Temperatur innen angenehm.
Der Stephans Dom oder auch Szent István-bazilika liegt sehr groß und prächtig am Stephans Platz. 8500 Menschen sollen laut Wikipedia darin Platz finden können und so beeindruckend riesig wirkte dieses katholische Gotteshaus auch auf mich.
Nicht nur die Größe ist prächtig, sondern auch die marmornen Säulen und farbenfrohen
Verzierungen der Decke oder auch der Altar sowie die Statuen Heiliger an den Wänden.

Benannt ist die Kirche nach König Stephan, dessen rechten Hand dort als Reliquie aufbewahrt wird. Stephan I. hat das Königreich Ungarn begründet und war auch dessen erster König. Grund genug, seine Hand in einem prachtvollen Schrein aufzubewahren und eine Basilika drum herum zu bauen.





5. Große Markthalle
Der größte und älteste Bau für einen überdachten Markt in Budapest ist ein beliebtes Ziel für Touristen aber auch für Einheimische zum alltäglichen Einkauf. Auf den zwei Etagen des 1897 fertig gestellten Baus, der auch von außen sehr hübsch anzusehen ist, gibt es unten jede Menge Lebensmittel und oben diverse Souvenirs zu kaufen.
Falls ihr frisches Obst und Gemüse, Fleisch, Käse, Wurst, Gebäck, Gewürze oder Taschen, bestickte Kleidung und Glaswaren sucht, seid ihr hier richtig. In einem kleinen Teil der oberen Etage gibt es auch ein paar Kleinigkeiten zum essen direkt auf die Hand.
Auch wenn man nichts weiter kauft, ist es ein tolles Erlebnis zwischen den ganzen Ständen entlang zu schlendern und sich umzusehen. Etwas ganz anderes als der wöchentliche Einkauf im Supermarkt. Außerdem ist auch die Halle selbst mit den hohen gewölbten Decken sehenswert. Ein wenig erinnerten mich die hohen Fenster und die längliche Grundform der Halle sogar an eine Kirche.


6. Barka Fonal
Ich gebe zu, dass das hier ein sehr individueller Tipp ist, der definitiv nicht jeden ansprechen wird aber ich persönlich finde ihn genial und wäre gerne früher auf die Idee gekommen. Dass ich leidenschaftlich gerne stricke und ab und an auch häkle, ist ja schon lange kein Geheimnis mehr. Jetzt kam aber der geniale Einfall dazu, dass man sich als Urlaubssouvenir statt des üblichen Touristenkrams doch einfach in dem bereisten Ort ein Knäul Sockenwolle für ein Paar Souvenirsocken kaufen könnte. Denn das ist ein total individuelles Erinnerungsstück, das nicht nur relativ günstig ist, sondern mir auch noch beim Stricken Freude bereitet. 
Vor Ort haben wir einfach nach einem Wollgeschäft in Budapest gegoogelt und wurden mit dem Laden Barka Fonal auch fündig. In dem Geschäft gibt es eine große Auswahl an internationalen aber auch ungarischen Garnen. Fonal bedeutet übrigens auf ungarisch stricken, merkt euch das für die Suche nach Strickmaterial, meine wollbegeisterten Freunde!
Für mich habe ich die türkis-violette Wolle besorgt, die wilde orange-pinke ist ein Mitbringsel für meine Strickfreundin daheim. Ich bin schon gespannt, was für ein Muster ich in meine Budapest-Gedenksocken stricken werde und plane das auch schon voller Vorfreude, jedoch müssen erst noch ein Paar Ostersocken und zwei Paar Geburtstagssocken zum Verschenken gestrickt werden.

So muss das Paradies aussehen! Ich könnte mich den ganzen Tag durch das Regal voller Wolle wühlen

Und das war es auch schon mit meinen Tipps für Budapest. Ein Besuch der Stadt lohnt sich definitiv auch wenn das The Grand Budapest Hotel aus dem gleichnamigen Film leider nicht in Budapest steht.

Apfelkern

Dienstag, 3. März 2015

Kopf aus dem Sand

Immer wenn man vor neuen Herausforderungen steht, fragt man sich, ob man sie bewältigen kann. Klar, man hat im Leben doch schon so viele Hindernisse überwunden! Und obwohl man sich das immer wieder versichert, bleibt doch bei mir der Gedanke zurück, ob man selbst nicht doch weniger gut ist als die anderen.

Wie kommen die durchs Medizinstudium wenn sie sich jedes Wochenende ein schönes Leben ohne Unizeug machen während ich die ganze Zeit kontinuierliche lerne, um alles zu schaffen? Bin ich so dumm oder sind die so begabt? Was mache ich da falsch?

Heute war der erste Tag meiner Famulatur im Krankenhaus. Neue Situation, unbekanntes Krankenhaus, neue Menschen. Angst, den ersten Eindruck direkt zu ruinieren.
Was, wenn die Ärzte merken, dass ich nicht alles weiß - solche dämlichen Gedanken schießen mir durch den Kopf. Man weiß nie alles, auch nach Abschluss des Studiums nicht. Trotzdem: was, wenn sie denken, dass ich für jemanden nach 5 Semestern Medizinstudium nicht besonders viel Ahnung habe? Der Gedanke hat mich so lange fertig gemacht, bis ich mir abends noch einmal die Gefäßverläufe des Abdomens zu Gemüte geführt habe.

Unter all den immer wieder aufkommenden Selbstzweifeln weiß ich eigentlich, dass ich damit nicht allein bin. Jeder hat Momente, in denen er an sich selbst zweifelt, denkt, dass alle anderen es einfach mehr drauf haben. Es zeigt nur fast keiner. Dieses Wissen hilft nur leider nicht, die Selbstzweifel zu verhindern.
Mir ist klar, dass ich mir damit in gewisser Weise selbst das Leben schwer mache. Der Wunsch, so gut wie möglich zu sein ist aber stärker.

Ich bewundere die Menschen, die voller Überzeugung sich selbst anpreisen. In Bewerbungsgesprächen kommt das bestimmt besser an. Ich selbst denke immer, dass ich mich doch gut genug kenne, um auch meine Schwächen zu kennen und mich wegen dieser auch nicht so anpreisen kann.
Genauso wenig muss ich mich in den Mittelpunkt der Gesprächsrunde stellen und alle Aufmerksamkeit beanspruchen - denn ich bin mir sehr sicher, dass es interessantere Personen gibt als mich. Und abgesehen davon will ich eh lieber meine Ruhe als von allen beobachtet zu werden.

Obwohl ich weiß, dass ich mir selbst Steine in den Weg lege, indem ich an mir zweifle und Menschen mit größerem Selbstbewusstsein und/oder Mundwerk den Vortritt lasse, ändere ich nichts daran. Gleichzeitig hasse ich es, wenn ich bemerke, dass jemand nicht durch Können sondern durch Dreistigkeit und Selbstdarstellung etwas erreicht. Ich empfinde es als unfair. Man selbst arbeitet all die vorgeschriebenen Stunden an bestimmten Pflichtveranstaltungen ab und andere fälschen einfach die Unterschrift oder reden sich mit charmanten Worten heraus. Am Ende kommen in dem Fall sogar alle zum gleichen Ergebnis, nur dass die einen gearbeitet haben während die anderen ihre Freizeit auskosten. Ein bisschen Neid schwingt da definitiv mit.
Manchmal wünschte ich mir, dass ich auch so eloquent und schlagfertig wäre, mich in einigen Situationen allein durch Worte statt Leistungen durchschlagen zu können. Aber so bin ich einfach nicht. Und wahrscheinlich würde da ein schlechtes Gewissen bei mir zuschlagen. Ich zweifle viel lieber an mir selbst und treibe mich dazu an, mehr zu tun, um diese Zweifel zu überwinden. Und wenn ich mir Mühe gebe, taucht sogar der Gedanke, dass ich guten Grund habe, selbstbewusst und stolz zu sein auf schon erreichte Ziele wieder auf.
Vielleicht ist der Sebstzweifel doch nicht nur schlecht, wenn er mich auch an solche Dinge denken lässt.

Apfelkern