Donnerstag, 9. April 2015

Abends an der Supermarktkasse

Schnell noch ein paar Lebensmittel einkaufen vor dem entspannten Weiberabend. Nicht so entspannt ist die Situation am Freitag Abend im Supermarkt.
In der Schlange vor der Kasse angekommen spähe ich zum Zeitvertreib in die Einkaufswagen der Menschen um mich herum. Großeinkauf mit Klopapier, ein Wagen voller Gemüse und Vollkornprodukten zeugen neben mir von Ambition in Sachen gesunder Ernährung und hinter mir quengeln Kinder, weil die Mutter ihnen nicht noch ein Ü-Ei spendieren will.

Im Wagen des Mannes vor mir an der Kasse klirrt es. Nur Bierflaschen sowie eine Flasche Korn finden sich darin. Das sieht mir nicht unbedingt nach Bier für den Grillabend mit Freuden aus. Das Bild spricht eher für Einsamkeit und Trostlosigkeit.

Der Mann riecht nach kaltem Rauch, Schweiß und ein wenig nach Alkohol. Nichts, was man gerne genauer olfaktorisch differenzieren will.
Das ganze Bild berührt mich. Der erste Gedanke ist es, ihm einfach den Alkohol weg zu nehmen. Ihn davor zu bewahren, überhaupt damit anzufangen kann man jetzt auch nicht mehr. Ob er überhaupt ein Alkoholproblem hat? Am Hinterkopf ablesen kann man es ihm schlecht. Jogginghose, speckige Lederjacke, herausgewachsene Kurzhaarfrisur - ein gepflegtes Äußeres ist es nicht.

Freiheit und Selbstbestimmung sind großartig und eröffnen so viele Möglichkeiten. Leider sind einige davon auch Sucht und Einsamkeit.
Selbst wenn es offensichtlich ist, dass dieser Mann wahrscheinlich ein gestörtes Verhältnis zu Alkohol hat, kann man ihn nicht zwingen, die Flaschen im Laden zu lassen solange er sie bezahlen kann. Und wenn die Verkäufer in diesem Supermarkt die Ware nicht verkaufen würden, dann kauft er sich halt an der Tankstelle das Zeug. Alles im Leben hat seine Vor- und Nachteile.

Der Verkäuferin scheint auch nicht ganz wohl dabei zu sein, ihm die ganzen Bierflaschen und den Korn zu verkaufen. Zumindest sagt das ihr Gesichtsausdruck. Sie tut es dennoch.

Hätte ich den Mann jetzt ansprechen sollen? Ihn aufhalten sollen? Aber warum soll ich gerade verantwortlich sein für eine fremde Person? Wer sagt denn, dass er sich hätte helfen lassen?
Jeden Tag sieht man irgendeine Form von Elend, in die man eingreifen könnte. Doch ich denke mir immer wieder, dass man nicht alle retten kann. Wir tragen doch selbst die Verantwortung für uns und doch funktioniert das eben doch nicht immer reibungslos. Dabei komme ich mir nicht wirklich hartherzig vor, viele andere Menschen denken doch auch so. Aber dieser Mann mit seinen ganzen Flaschen hat mich irgendwie besonders berührt.

Vielleicht, weil er so bemüht war, sich normal zu verhalten und die ganzen Flaschen auf das Band gelegt hat als würden wir alle ein Dutzend Flaschen Bier und Korn allein für den Wocheneinkauf einpacken.
Und ich will gar nicht wissen, was er nun mit dem ganzen Alkohol gemacht hat. Vielleicht war es ja doch nur eine Gartenparty. Unwissenheit kann so schön sein.

Kennt ihr diese Situationen? Wie kann man mit ihnen geschickter umgehen ohne danach noch tagelang daran denken zu müssen?

Apfelkern

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