Montag, 25. Mai 2015

I wanna be much more like you - Wie man ein Apfelkern wird

Inzwischen ist dank der Zeitzeugin eine Initiative gestartet worden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Lesern von Blogs mit der Studienwahl weiter zu helfen. Sowohl Guddy als auch Karo haben schon erläutert, wie man lernen kann, so wie sie zu werden und nun möchte auch ich näher beschreiben, wie man zum Apfelkern ausgebildet wird.

Grundsätzlich ist es ein Studium, das einem viele spannende aber an sich nutzlose Fakten beibringt, einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt hat, Ausflüge in Kultur und Sprache macht und euch am Ende dazu befähigt, anderen die Geschichte des Strickens zu erzählen. Klingt doch großartig, oder?

Vorraussetzungen
Zuerst einmal seit ihr für fast alles zu begeistern aber das hilft nicht immer, da euch natürliche Grenzen gesetzt sind. Ihr solltet eine sehr eigenwillige, unordentliche Handschrift haben, gerne wild aber nicht unbedingt rhythmisch tanzen können, Literatur und Naturwissenschaften mögen sowie Handarbeiten total faszinierend finden. Sportlichkeit ist keine zu priorisierende Voraussetzung für dieses Studium, da ihr nur ein oder zwei Sportarten wirklich gut und begeistert beherrschen und in den restlichen euch bloß dilettantisch anstellen solltet. Wichtig für die Aufnahmeprüfung ist aber, dass ihr in begrenzter Zeit ein Paar Socken stricken könnt und die Küche mit wenigen Handgriffen gekonnt zu verwüsten wisst.

Kleidung
Nummer eins auf der Liste ist die Kleidung - das ist auch der am einfachsten zu erreichende Punkt, weshalb wir damit anfangen.
Jeans und ein Oberteil passend zur Jahreszeit sind eigentlich alles, was ihr braucht. Bloß nichts zu ausgefallenes. Und wenn es alle mal nicht super zusammen passt, dann habt ihr damit alles richtig gemacht, da man als Apfelkern modisch naiv sein muss. Das wichtigste ist, dass es alles bequem und praktisch ist. Schuhe mit Absatz sind deshalb auch zu meiden.
Die Funktionalität der Kleidung ist so wichtig, dass es Kurse in der Ausbildung gibt, in der man in Funktionskleidungsläden sprich Outdoor Ausrüstern lernt, qualitativ hochwertige Funktionskleidung zu finden. Die gute Allwetterjacke mit herausnehmbarem Innenfutter, das separat als Fleece Jacke getragen werden kann, hält zum Glück auch viele Jahre durch - das trifft sich, denn als Apfelkern ist einem Shopping ein Graus. Farblich sind gedeckte Töne zu bevorzugen. Alles was glitzert oder neonfarben leuchtet kommt einem Apfelkern nicht in den Kleiderschrank und auch pinke Kleidung wird gemieden obwohl sie einem erschreckend gut stehen.

Kommen wir nun zur Frisur. Auch in diesem Punkt ist es wichtig, alles schlicht zu halten. Nicht, dass irgendwelche Fähigkeiten hinsichtlich Flechtfrisuren oder der Bedienung von Lockenstäben vorhanden wären. Die Haarroutine besteht aus Waschen und Kämmen, bei Bedarf wird alles irgendwie hoch geknäult und in eine Spange gesteckt. Wenn man alle vier Wochen mal was verrücktes tun will, steckt man die vorderen Strähnen mit einer Haarspange zurück.

Lehrinhalte
Auch wenn ihr geometrisches Zeichnen oder schöne Handschriften ansprechend finden könntet, darf man das als Apfelkern nie sauber und ordentlich umsetzen. Wichtig ist es, schnell und schwungvoll zu schreiben - die Lesbarkeit ist sekundär. Da einem mit dieser Handschrift beruflich wenig Optionen übrig bleiben, ist es für euch nach einem eventuellen Scheitern in eurer Ausbildung zum Apfelkern noch definitiv eine Möglichkeit, Medizin zu studieren. Damit euer Studium in Apfelkernistik gelingt, gibt es vor allem am Anfang viele Kurse zur Optimierung des Schriftbildes.
Neben der unsauberen Handschrift ist es wichtig, beim Singen nie zu wissen, ob man denn den entsprechenden Ton eigentlich trifft und immer schön schief zu singen - aber das mit Begeisterung! Gesangskurse sind ein Muss in dieser Ausbildung. Aber Achtung: wer zeigt, dass er Noten lesen kann, steht kurz vor der Exmatrikulation!

Ein wichtiger Punkt in der Ausbildung ist es, unterscheiden zu können, in welchen Situationen man ordentlich zu spät kommen muss und in welchen nicht. Man kann über ausgelernte Apfelkerne nämlich nicht sagen, dass sie immer zu spät kommen - zu offiziellen Terminen sind sie überpünktlich, öffentliche Verkehrsmittel erreichen sie auf den Punkt genau und nur zu privaten Terminen sind sie konstant spät dran. Diese Fähigkeit zu erlernen ist zeitaufwändig, weshalb es Kurse in Planung und Organisation geben wird, zu denen der vorbildliche Student der Apfelkernistik niemals zu spät kommen wird.

Um wegen der ständigen Verspätungen nicht all seine Freunde zu verlieren, gibt es zahlreiche Koch- und Backkurse in diesem Studium. Wenn man nämlich die leckersten vorstellbaren Schokokekse zum Treffen mitbringt und als Grund für die Verspätung angibt, ist der Ärger vor lauter Freude über das Gebäck direkt vergessen.
Nach Farben kochen zu können ist eine essentielle Fähigkeit, die ihr euch aneignen werdet und auch das vielfältige Würzen will gelernt sein, da Apfelkerne gern scharf essen und schlecht gewürztes Essen verachten.

Da ein echter Apfelkern immer gerade an einem Projekt strickt, kann auf Handarbeitskurse in diesem Studium keinesfalls verzichtet werden. Es gibt Wahlmöglichkeiten zwischen Stricken, Häkeln und Nähen. Ohne dabei an einem Handarbeitsprojekt zu werkeln einen Film anzusehen, ist ein absolutes Tabu in dieser Ausbildung. Das liegt nicht nur an dem latenten Drang eines Apfelkerns, immer produktiv zu sein, sondern auch daran, dass man Dank der Kurse, die lehren, in jeder Situation sofort sehr sehr schnell tief einschlafen zu können, beim Ansehen von Filmen und Serien ohne eine Handarbeit rasch einschlafen würde.
Nur beim von euch so geliebten Lesen werdet ihr euch nicht mit Handarbeiten wach halten müssen.
Apropos Lesen: ihr werdet nicht nur Literatur zu schätzen lernen sondern auch eure Begeisterung für Latein entdecken und in Zukunft alle sich davon ableitenden Worte voller Euphorie als solche euren Mitmenschen erklären.

Außerdem werdet ihr lernen, die Natur zu lieben. Ich weiß, dass es am Anfang nicht leicht ist, sich einfach mal auf der Wiese lang zu wälzen, spontan in Gänseblümchen zu beißen oder Regenwürmer zu streicheln aber im Laufe des Studiums werdet ihr lernen, dass all diese Dinge unglaublich viel Freude bringen können. Es wird auch Unterrichtseinheiten zum Bestimmten von Tieren aber vor allem Pflanzen geben, damit ihr in der Wildnis später wisst, welche Pflanzen ihr euch bedenkenlos in den Mund stopfen könnt. Das Kochen mit wilden Pflanzen, das Ansetzen von Likören und Anbau von Nutzpflanzen sind optionale Bereiche des Studiums. Nicht optional ist dagegen das Einkochen von Marmelade, da ihr als fertig ausgebildeter Apfelkern nie weniger als 60 Glas selbstgekochte Marmelade auf Lager haben dürft. Wichtig: Konfitüre kocht man nicht aus eigens zu diesem Zweck gekauften Früchten, dafür müssen selbst angebaute oder gesammelte Früchte genutzt werden.

Berufsaussichten
Nach erfolgreichem Bestehen der Abschlussprüfung werdet ihr zahlreiche nützliche Fähigkeiten auf verschiedensten Gebieten erlangt haben und dementsprechend feststellen, dass ihr zu wenig Zeit habt, all diese Fertigkeiten angemessen auszuüben. Wie praktisch, das man im Studium gelernt hat, mit nur sechs Stunden Schlaf am Tag auszukommen!
Auch wenn dieses Studium Freude an diversen Dingen vermittelt, bin ich noch immer ein bisschen ratlos, was ich mit all diesem Wissen anstellen soll. Die sich ergebenden Möglichkeiten sind einfach zu zahlreich.
Vielleicht wäre ein Kombibachelor mit dem Karo-Kafka Studium oder dem Studium des Guddyismus ja doch sinnvoll gewesen. Also kann ich euch nur empfehlen, euch diese Studiengänge vor der Bewerbungsabgabe noch einmal anzusehen und die für euch beste Kombination zu wählen.
Viel Erfolg dabei!

Und nachdem ihr mir all eure Fragen zum Studiengang der Apfelkernistik in den Kommentaren gestellt habt, würde ich gerne wissen, mit welcher Ausbildung man es schaffen kann, so zu werden wie ihr!

Apfelkern

Freitag, 8. Mai 2015

Ansprüche und Druck

Man muss mit der Zeit gehen heißt es immer so schön aber was die Sache mit dem Bloggen angeht, werde ich das Gefühl nicht los, dass die Zeit ohne mich geht.

Fast alle haben plötzlich perfekte idyllische Bilder, die natürlich weder verwackelt noch verpixelt sind und mit der professionellen Spiegelreflexkamera aufgenommen worden sind. Bearbeitet werden die Bilder routiniert mit Photoshop, die Blogeinträge werden im Filofax vorzeigbar und stylisch geplant. Und natürlich nutzen sie schon lange kein Blogger mehr und erst recht nicht ohne eigene Domain - sie sind längst alle zu Wordpress umgezogen und nähern sich der Perfektion mit 2490 individualisierbaren Widgets.
Leserzahlen steigen natürlich konstant und pro Post gibt es mindestens zwanzig Kommentare. Die Oberschicht der Blogger trifft sich auf Blogger Events und wird von allen erdenklichen Firmen gesponsert. Ohne Gewinnspiele läuft logischerweise nichts - man macht das ganze ja immerhin nicht zum Spaß. Die Leser wollen leichtverdaulich unterhalten und mit tausend tollen Preisen überschüttet werden.

So zumindest kommt es mir vor. Ich bin der vorletzte Depp, der noch mit einer schäbigen Blogspot Adresse in dilettantisch gestaltetem Design lange, oft bildlose Texte postet. Und wenn ich mal Bilder einfüge, dann werden sie nicht mit der Spiegelreflexkamera aufgenommen, sondern mit meinem Handy. Gewinnspiele sind nun auch nicht das, was ich hier regelmäßig anbieten kann. Wirklich regelmäßige, wenn nicht sogar tägliche Posts, habe ich sowieso nicht zu bieten. Ich bin froh, wenn ich mal mehr als 6 Stunden Schlaf bekomme.

An diesem Punkt fragte ich mich, was ich überhaupt mit meinem Blog erreichen möchte. Eine besonders große Reichweite mit meinem Blog zu haben war noch nie das Ziel. Ich schreibe einfach gerne, möchte das teilen und wenn man Feedback dazu bekommt, ist es gleich doppelt so schön.
Es macht mir Spaß, in meinen alten Einträgen zu stöbern.  Es macht mir Spaß, andere mit diesem Hobby schon über Jahre zu lesen und über Kommentare immer wieder zu begleiten. Einige Blogs lese ich schon seit über vier Jahren und inzwischen kennt man die Autoren, häufige Kommentatoren und einige der eigenen Leser, diese Menschen gehören einfach dazu!
Nachdem ich letzten Sommer auf dem Bloggertreffen in Köln war, habe ich sogar einige dieser Internetbekanntschaften live getroffen und das war fantastisch. Man lernt neue Dinge, liest fremde Ansichten und Eindrücke und dann findet man auch noch so etwas wie Freunde. Ich liebe das Bloggen dafür, dass es solche Möglichkeiten bietet!

Trotzdem habe ich das unterschwellige Gefühl, mit anderen Blogs nicht mithalten zu können. Sie füttern nicht nur ihre Website regelmäßig mit tollen Inhalten sondern unterhalten die Leserschaft zusätzlich noch auf Twitter, Instagram, Facebook und neuerdings Snapchat. Ich dagegen bin schon froh, wenn ich es zu einem Blogpost in der Woche schaffe. Vielleicht stelle ich mich ja bloß verplant und dämlich an aber neben dem Studium, ein paar Hobbys und sozialen Beziehungen steht der Blog nicht als erste Priorität da. Da freue ich mich eher, wenn ich mal sieben Stunden Schlaf am Tag bekomme.

Was ist jetzt die Konsequenz des ganzen? Ich weiß, dass ich nie eine große Karriere als Blogger hinlegen werde und das ist in Ordnung. Mir ist klar, dass meine Themen, über die ich blogge, keine große Mehrheit ansprechen und auch damit kann ich gut leben. Über etwas anderes zu schreiben, nur um zu gefallen, ist keine Option für mich. Vielleicht sollte ich mir mehr Mühe geben, die Abstände zwischen den einzelnen Posts nicht zu groß werden zu lassen und aktiver bei anderen kommentieren. Und selbst wenn ich nicht so einen durchgestylten perfekten Blog habe wie andere: ich bin niemand, der fürs Bloggen bezahlt wird, ich mache das allein weil es mir Spaß macht. Das bedeutet eben auch, dass ich nicht verpflichtet bin zu Posts in einem bestimmten Abstand oder auf einer Rangliste der Beliebtheit einen bestimmten Platz zu halten.

Das heißt eigentlich, dass ich mit dem Bloggen keinerlei Druck habe. Trotzdem empfinde ich einen Erwartungsdruck und dieser Druck, mithalten zu müssen, gefällt mir einfach nicht. Nach inzwischen gut vier Jahren möchte ich dieses schöne Hobby auch nicht aufgeben, nur weil die Ansprüche der breiten Masse an die Präsentation und Vermarktung eines Blogs gestiegen sind. Schließlich will ich mich nicht unbedingt selbst als perfekt inszenieren sondern einfach über das schreiben, was mich bewegt.

Kennt ihr diesen Druck als Blogger oder macht ihr einfach so weiter wie es euch Spaß macht?