Sonntag, 7. Juni 2015

Ein Kurzurlaub mitten im Alltag

Das Leben bietet einem immer viel Arbeit, man könnte eigentlich immer etwas tun und sich selbst unter Druck setzen. Genau das tue ich normalerweise auch: ich bemühe mich, effizient zu sein und keine Zeit zu vergeuden. Denn langsam laufen wäre ja Zeitverschwendung.
In der Mensa wird das vegane Gericht gewählt, das meist aus einem Getreide gut vermischt mit gebratenem Gemüse, Sesampaste und Lauch besteht, weil man es sich zwischen Vorlesung und Seminar schneller einverleiben kann als etwas, das man noch groß zerkleinern und kauen muss. Das ist Nährstoffaufnahme und kein Essen.

Warum beeile ich mich eigentlich immer so? In den seltensten Fällen sitzt mir ein konkreter Zeitdruck im Nacken und zwingt mich zur Eile. Ich mache mir selbst das Leben stressig.

Vor ein paar Tagen habe ich mir nach einem kurzen Tag in der Uni und der Erledigung der wichtigsten Aufgaben einfach einen Abend Zeit genommen. Ein Spaziergang durch die Stadt mit meinem Freund ohne Eile. Endlich mal in Ruhe die Schaufenster ansehen, die man im Vorbeihetzen schon immer interessant fand. Spontan Umwege nehmen und neues entdecken, an dem man eigentlich schon unendlich oft im Alltag vobei gerannt ist. Einfach mal andere Wege nehmen, die man sonst nur als ineffizient bewertet hätte.

Später waren wir in einem kleinen asiatischen Restaurant essen. Ganz gemütlich seine Auswahl treffen, ohne auf die Uhr zu sehen darauf warten, dass das Essen kommt und dann einfach das Gericht zu genießen war großartig. Es war so toll, dass ich sogar direkt vergessen habe, ein Bild davon zu machen. Das muss aber auch nicht sein - ich werde mich an diesen Restaurantbesuch in aller Ruhe mit unglaublich leckerem Essen wesentlich besser erinnern können als an diverse Mahlzeiten, von denen ich mal ein Bild gemacht habe.
Essen ist so viel mehr als Nährstoffaufnahme aber dieser Genuss kostet auch Zeit. Es ist eigentlich wie mit allen Dingen im Leben.

Sich einfach Zeit zu lassen, fühlt sich direkt wie Urlaub an auch wenn man in gewohnter Umgebung ist. Man kann alles intensiver wahrnehmen und genießen. Am Ende des Nachmittags war ich entspannt wie nach einem Kurzurlaub. Die meisten Wochenenden sind für mich nicht einmal so erholsam wie dieser Nachmittag, war meine erschreckte Feststellung.
Schlussfolgerung des ganzen ist definitiv, dass man dem Leben nicht so viel Arbeitszeit und Effizienz abringen muss wie möglich, sondern dass es einen riesigen positiven Effekt hat, wenn man sich einfach mal Zeit lässt. Wahrscheinlich bin ich auch der letzte Mensch, dem das so klar wird, aber auch im Leben geht es um Qualität statt um Quantität der erledigten Dinge. Das Problem in dieser Gesellschaft ist bloß, dass man mehr anhand der Anzahl der erreichten Dinge bewertet wird als wie man das mit seiner eigenen Lebensqualität vereinbart. Kein Wunder, dass man zu dieser Erkenntnis manchmal erst auf Umwegen kommt.

Den Luxus, mir in Zukunft für alle Dinge so viel Zeit zu nehmen, kann ich vielleicht nicht haben aber was ich tun kann ist, mir einfach jeden Tag ein paar Minuten oder Stunden einfach Zeit für mich zu nehmen und sie zu genießen. Ich weiß ja jetzt, dass es sich lohnt.

Apfelkern

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