Donnerstag, 3. Mai 2018

Mañana forever: von Perfektionismus und Starthemmungen

Kennt ihr dieses Gefühl, dass ihr so viel auf einmal tun wollt und euch für so unendlich viele Dinge begeistert aber so überwältigt von all den Möglichkeiten und Plänen seid, dass ihr am Ende gar nichts macht?

Ich bewundere diese Menschen, die online morgens ihren Tagesplan posten und am Abend zeigen, dass sie alles brav abgearbeitet habe und dann im Anschluss - weil sie so früh fertig waren mit den Pflichten - auch noch ein zusätzliches Video geschnitten, Freunde getroffen und spontan ein Konzert besucht haben. Das setzt mich gleich mal unter Stress, weil ich mich damit vergleiche und dann Panik bekomme, weil es mir das Gefühl gibt, so gar nichts auf die Reihe zu bekommen.

Letztes Wochenende hatte ich aufgrund des ersten Mai und eines Brückentages vier freie Tage am Stück. Unendlich viel Zeit, all die Dinge zu erledigen, die man schon eine Weile vor sich her schiebt! Und dann kommt die freie Zeit, man unternimmt super viel und hat am Ende noch immer nicht alles geschafft. Das ist so frustrierend.

Mal ein klassisches Beispiel aus meinem Leben: Mein Freund, ein begeisterter Läufer, nimmt mich auf eine kleine Laufrunde durch die Nachbarschaft mit. Erstes Problem: was soll ich anziehen? Also fange ich an, meine Sportkleidung durch zu sortieren, alte Hosen werden weg sortiert. Man kann ja nicht laufen gehen, wenn das Fach mit der Sportkleidung ein Chaos ist!
Währenddessen geht mir durch den Kopf, dass ich schon ewig nicht mehr gebloggt habe, weil ich es natürlich perfekt machen wollte und dann nie etwas hatte, was mir wichtig genug und zu meinen Ansprüchen passend erschien. Wie wäre es denn, über die Überwältigung im Alltag und das Gefühl, sich mit den eigenen Ansprüchen im Weg zu stehen zu schreiben?

Das mit dem Lauf sechs Kilometer durch den Park hat geklappt, doch ein wesentlicher Faktor war auch, dass ich eine weitere Person hatte, die mich angetrieben hat. Sonst hätte ich wahrscheinlich noch bis zum Nachmittag meinen Kleiderschrank durch sortiert und wäre nicht zum Sport gekommen.
Allein geht es mir oft so, dass ich alles direkt perfekt machen möchte und dann angesichts dieser Aufgabe so eingeschüchtert und überwältigt bin, dass ich nicht mal anfange. Denn den Erwartungen zu entsprechen ist eh nicht wahrscheinlich. Wenn ich nicht direkt auf dem Level eines Monet einsteige, dann kann ich es mit der Kunst ja auch gleich sein lassen.
Oder ich möchte kein neues Projekt beginnen, weil ich noch ein weiteres unvollständig habe und mir denke, dass ich ja nichts neues beginnen kann, wenn alles andere noch nicht komplett ist. Das ist alles Blödsinn, aber in den entscheidenden Momenten halten mich diese Gedanken auf.

Wenn diese Starthemmung erst mal überwunden ist, muss man dann noch konzentriert dran bleiben. Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Unterbewusstsein ständig auf der Suche nach Ablenkungen ist. Mal schnell noch googeln, was gute Kopfhörer für den Sport wären, bevor man es vergisst. Oh, eine neue Mail, direkt mal lesen. Nachdem ich dann die Waschmaschine angestellt habe, bin ich dann völlig raus, aus dem, was ich eigentlich tun wollte.

Schlimmer sind da nur die sozialen Medien, weil sie nicht nur ablenken, sondern auch direkt mental beschäftigen. Der Mensch vergleicht sich doch immer, auch wenn er genau weiß, wie schlecht das für ihn ist. Es bringt nichts, sich schlecht zu fühlen für das, was andere erreicht haben - es hilft nur, sich selbst mehr anzustrengen.
Wenn man mitten in einer Aufgabe erst mal anfängt, die Instagramprofile ehemaliger Mitschüler zu stalken und zu schauen, was die so treiben, verschwendet man nicht nur Zeit, sondern beschäftigt sich auch noch mit Dingen, die man eigentlich nicht mal wissen will. Ziemlich dämlich und doch finde ich mich immer wieder dabei, mich von einem Account zum nächsten irgendwelcher Menschen aus meiner Umgebung zu klicken. Ist ja immerhin spannend zu sehen, wie sie sich im Netz präsentieren.

Sobald ich aber nicht nur für meinen eigenen Kram verantwortlich bin, sondern für jemanden eine Aufgabe erfülle oder eine feste Terminvorgabe habe, dann läuft alles. Mit dem Studium hatte ich nie Probleme, mich zu Aufgaben aufzuraffen. Problematisch wird es erst, wenn keiner kontrolliert, was und ob ich überhaupt was tue. Ganz schön trauriges Fazit, was meine Selbstdisziplin angeht, wenn ich nur für mich verantwortlich bin.

Mir hilft es, eine Liste von zu erledigenden Dingen zu haben. Wenn es erst mal irgendwo verschriftlicht steht, fühlen sich Aufgaben "realer" an und ich kümmere mich darum.
Was auch genial funktioniert, ist die Aufgaben mit jemandem zu tauschen. Ich mache einen Termin für den Freund, er holt für mich was bei der Post ab und schon haben alle den unliebsamen Teil erledigt und das ohne Verzögerung, weil es ein ganz anderes Verantwortungsgefühl ist, wenn man weiß, dass es nicht "nur" um einen selbst geht. Die menschliche Psyche ist manchmal wirklich unfassbar irrational.

Kennt ihr diese Momente, in denen man angesichts seiner Aufgaben gelähmt ist? Wie geht ihr damit um?

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